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            Der geschenkte Sieg.
 Zitate aus Gerhard 
            Berger´s Buch Zielgerade
 
            Wenn mich Senna 1990 gut im Griff hatte, 
            so kam es 1991 noch ein bisschen kräftiger. Ich hatte zwar sechs 
            Podiumsplätze, ein paar Poles und schnellste Runden, aber zum 
            neuerlichen Weltmeister Senna war der Abstand doch deprimierend. 
            Umso leichter tat sich der Champ, auf privater Seite seinen ganzen 
            Charme und sein Charisma zur Geltung zu bringen. Ich hatte wirklich 
            keine Chance, irgendwelche Hassgefühle aufzubauen, die für das 
            sportliche Ziel vielleicht wünschenswert gewesen wären. Von seinem 
            Verhalten her gab es nur ein einziges Ärgernis in jener Saison, das 
            war, als er mir den Sieg in Japan schenkte. Es war eine unnötige 
            Geste. 
            Wir beiden hatten das Rennen von Anfang an im 
            Griff gehabt, ich von der Pole aus, er dann in Führung, wobei 
            ich zumeist unter seinem Getriebe hockte, aber keine echte 
            Überhol-Chance bekam. Es war ein wunderbarer, harter Fight zwischen 
            zwei ebenbürtigen Gegnern. Nach Halbzeit brach bei mir der Auspuff, 
            ich verlor Leistung, musste nachlassen und war bereit, mich mit dem 
            zweiten Platz zufrieden zu geben. Es wäre alles in Ordnung gewesen, 
            wenn wir eins - zwei ins Ziel gefahren wären, ein großer Sieger und 
            ein höchst respektabler Zweiter. Statt dessen verlangsamte er 
            unmittelbar vor der Ziellinie, ich hatte keine Zeit zum Nachdenken, 
            musste einfach vorbei, es hätte ihm ja auch der Sprit ausgegangen 
            sein können. 
            Die "große Geste" war öd, denn wenn es 
            ihm ein wirkliches Herzensbedürfnis gewesen wäre, mir als Ausgleich 
            für meine verpatzte Saison etwas Gutes zu tun, dann hätte er ja zehn 
            Runden vor Schluss nachlassen können, wir hätten gemeinsam eine Show 
            gemacht und am Ende hätte ich halt gewonnen. So aber hat er der 
            ganzen Welt gezeigt, wer der Herr im Haus ist, und das er sich´s vom 
            Stand der WM her leisten kann, auch dem kleinen Berger etwas Nettes 
            zukommen zu lassen. Die Tatsache, das ich durch meinem Auspuff 
            wirklich gehandicapt war, wurde damit völlig weggewischt, und es 
            blieb nur die brillante Demonstration seiner Stärke und seiner 
            herzensguten Großzügigkeit. 
            Offiziell mußte ich natürlich gute Mine dazu 
            machen, aber innerlich war ich angefressen. Ich glaube, er 
            hat das auch gespürt, jedenfalls sprachen wir danach kein einziges 
            Wort darüber, ich hab mich also nicht bedankt, und er hat sich auch 
            nicht drüber ausgelassen, was er mit der Aktion bezwecken wollte. 
            Unsere Freundschaft hat darunter aber nicht gelitten, es bestärkte 
            mich bloß in jenem Quentchen Misstrauen, das ich ihm gegenüber 
            behielt, zumindest solang wir im selben Team waren. 
            
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